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  Claudia Kuretsidis-Haider
Gedenken und Mahnen. NS-Herrschaft, Erinnerungskulturen und Gedächtnislandschaften nach 1945

Beitrag zur Diskussionsveranstaltung "Bombenstimmung. Zustände der österreichischen Erinnerungskultur"

Der Diskurs zu "öffentlichem Gedächtnis", "Vergangenheitsbewältigung" und "Gedenkkultur" setzte in Österreich erst in den 80er Jahren, nicht zuletzt im Zuge der Waldheim-Debatte, ein. Ursache war die jahrzehntelange Tabuisierung der Zeit des Nationalsozialismus, der nationalsozialistischen Verbrechen und des Anteils der ÖsterreicherInnen daran in der Gesellschaft, die im Mythos des ersten Opfers des Dritten Reiches erstarrte. Damit verbunden existierte in Form der Kriegerdenkmäler eine Art von Gedenkkultur, die diesem Opfermythos Rechnung trug. Gedenken an die Opfer des Holocaust und des österreichischen Widerstandes hatte außerhalb der verschiedenen parteipolitischen Aktivitäten kaum Platz. Die offizielle Geschichtserzählung der Zweiten Republik ließ nur die Erinnerung an den österreichischen Freiheitskampf - wie z.B. der Gedenkstein der Stadt Wien für die Opfer des Faschismus (1948) und die Gedenkstätte der Republik Österreich für den österreichischen Freiheitskampf (1965), der von den Alliierten 1943 in der Moskauer Deklaration gefordert wurde, zu.
Erst seit den 1980er Jahren prägen Zeichensetzungen einer neuen Gedenkkultur für die Opfer des Holocaust den öffentlichen Raum der österreichischen Bundeshauptstadt. Als signifikanteste Denkmäler, auch hinsichtlich ihrer künstlerischen Relevanz, sind Alfred Hrdlickas Denkmal gegen Krieg und Faschismus auf dem Albertinaplatz (1988) und Rachel Whiteread’s Holocaust-Denkmal auf dem Judenplatz (2000) zu nennen.

Claudia Kuretsidis-Haider ist Ko-Leiterin der Zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Nachkriegsgerichtsbarkeit in Österreich und im europäischen Vergleich, der Umgang der österreichischen Gesellschaft mit NS-Verbrechen, Verbrechen an ungarisch-jüdischen ZwangsarbeiterInnen zu Kriegsende, Vergangenheitspolitik(en) - Gedächtniskultur(en) - Erinnerungslandschaft(en)




Abgelegt im Archiv am 17. 2. 2005