| Stanislau-Verfahren vor dem Wiener Volksgericht und der Prozess gegen die Brüder Mauer vor den Geschworenen (1966)
 LG Wien 31 Vr 5876/56
 Voruntersuchung gegen 7 Schutzpolizisten und 1 Gestapo- Beamten 
    aus Wien wegen der Beteiligung an den Massenmorden in und um Stanislau/Ivano-Frankivsk 
    vom Herbst 1941 bis zum Frühjahr 1943
 Opfer: Juden/Jüdinnen
 Tatland (Tatort): 
    Ostgalizien (Stanislau [poln. Stanisławów]), heute Ukraine (Ivano-Frankivsk)
 Tatvorwurf:
 Die Staatsanwaltschaft beim Volksgericht Wien ging davon aus, dass die Ermordung 
    von mutmaßlich mehr als 120.000 Juden/Jüdinnen in Stanislau (Ostgalizien) 
    und Umgebung durch die Stanislauer Dienststelle der Sicherheitspolizei und 
    des SD geplant worden war, an der Durchführung aber auch mehrere der 
    im Oktober 1941 nach Ostgalizien abkommandierten Wiener Schutzpolizisten beteiligt 
    waren.
 Verlauf des Verfahrens:
 Das Verfahren wurde 1947 gegen sieben Wiener Polizisten und einen Wiener Gestapo-Beamten, 
    der auch in Stanislau der Gestapo angehörte, eingeleitet.
 Gegen einen Beschuldigten war das Verfahren am 13.5.1949 gemäß 
     § 109 
    StPO eingestellt worden, das Verfahren gegen die übrigen Beschuldigten 
    war am 30.8.1949 gemäß  
    § 412 StPO abgebrochen worden, da sie an die UdSSR ausgeliefert werden 
    mussten.
 Zwei Beschuldigte waren von einem sowjetischen Militärgericht zu je 25 
    Jahren Lagerhaft verurteilt worden – einer am 2.4.1951 wegen "persönlicher 
    Teilnahme an Bestialitäten und Massenerschießungen", der andere 
    am am 1.4.1952 wegen "persönlicher Teilnahme an Plünderungen, 
    Verhaftungen und Massenerschießungen sowjetischer Zivilisten". 
    Am 16.11.1955 wurden sie – im Gefolge des Staatsvertrags (15.5.1955) 
    – vorzeitig nach Österreich entlassen.
 Nach ihrer Rückkehr wurde das österreichische Verfahren wieder aufgenommen 
    – zu diesem Zweck wurde vom Landesgericht Wien eine Rekonstruktion des 
    seinerzeitigen Volksgerichtsakts vorgenommen, da der Strafakt seinerzeit an 
    die sowjetische Besatzungsmacht ausgefolgt und von dieser nicht rückgeleitet 
    worden war.
 Am 15.4.1957 wurde das Verfahren gegen den Gestapo-Beamten und am 3.6.1957 
    gegen einen der Schutzpolizisten wegen Todes der Beschuldigten gemäß 
    § 224 StG eingestellt. Am 17. 8. 1957 erfolgte die Einstellung des Verfahrens 
    gegen die übrigen Beschuldigten gemäß  
    § 109 StPO .
 Der Stanislau-Prozess 1966 (Salzburg/Wien)1962 wurde vor dem Landesgericht Salzburg eine gerichtliche Voruntersuchung 
    gegen zwei Angehörige des Grenzpolizeikommissariats Stanislau des Kommandeurs 
    der Sicherheitspolizei (KdS) Lemberg eingeleitet. Den Brüdern Wilhelm 
    und Johann Mauer waren bereits in 
    mehreren westdeutschen Strafverfahren besonders scheußliche Verbrechen 
    (Vergewaltigungen, Kindesfolter, Morde) vorgeworfen worden. Sie zählten 
    auch zu den Tätern des "Stanislauer Blutsonntags" (d.h. der 
    Tötung von mehr als 12.000 Menschen am 12. Oktober 1941). Die beiden 
    "Volksdeutschen" ,die nach dem Krieg in Österreich als Flüchtlingsbetreuer 
    gearbeitet hatten, waren in den fünfziger Jahren eingebürgert worden. 
    Ihre Ausforschung ging auf die Initiative Simon Wiesenthals zurück. Der 
    Freispruch der unter dem Vorsitze eines elemaligen illegalen Nazis beratenden 
    Salzburger Geschworenen (17.2.1966) wurde vom Schwurgerichtshof ausgesetzt, 
    das Verfahren durch den Obersten Gerichtshof an das Landesgericht für 
    Strafsachen in Wien delegiert, wo am 8.11.1966 zwei Schuldsprüche (8 
    bzw. 12 Jahre Kerker) ergingen.
   Literatur:
  T. Friedmann, Schupo- und Gestapo-Kriegsverbrecher von Stanislau 
    vor dem Wiener Volksgericht, Haifa 1957
  Elisabeth Freundlich, 
    Die Ermordung Einer Stadt namens Stanislau: NS-Vernichtungspolitik in Polen, 
    1939-1945 
  Michael Alexander Kranewitter, Grenzpolizeikommissariat Stanislau. 
    Die Verbrechen einer Sicherheitspolizeistelle in Ostgalizien und die juristische 
    Verfolgung der Täter in Österreich, der Bundesrepublik Deutschland 
    und der DDR, Diplomarbeit an der Universität Wien, 2004.
  Eva Holpfer/Sabine Loitfellner, Holocaustprozesse 
    wegen Massenerschießungen und Verbrechen in Lagern im Osten vor österreichischen 
    Geschworenengerichten. Annäherung an ein unerforschtes Thema, in: Thomas 
    Albrich/Winfried Garscha/Martin Polaschek (Hrsg.), Holocaust 
    und Kriegsverbrechen vor Gericht. Der Fall Österreich, StudienVerlag 
    Innsbruck-Wien-Bozen 2006, S. 87–126. 
 
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