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Niedernhart. Juni 1946. Ein Bericht
von Christina Altenstrasser, Peter Eigelsberger, Lydia Thanner, Konstantin Putz

Der erste Linzer Hartheim-Prozess
Der so genannte Niedernhart-Bericht
Die Erklärung, welche die PflegerInnen unterschreiben mussten
Der Schlussbericht der Polizeidirektion Linz (Abt. Staatspolizei)

Auf deutschem Reichegebiet einschließlich der Ostmark befanden sich sechs Tötungsanstalten der nationalsozialistischen "Euthanasie-Aktionen": Brandenburg/Havel, Grafeneck (Württemberg), Sonnenstein (Sachsen), Bernburg/Saale (Sachsen), Hadamar (Hessen) und Hartheim (Oberdonau).
Im Zuge der justiziellen Ahndung von NS-Verbrechen führte das Volksgericht Linz zwei Verfahren wegen der Ermordung und Misshandlung von "Pfleglingen" in Hartheim und anderen Anstalten durch, die mit einem Urteil abgeschlossen wurden. Die Akten dieser beiden Euthanasieverfahren. befinden sich im Oberösterreichischen Landesarchiv im Bestand Sondergerichte Linz (Vg 8 Vr 2407/46, Vg 8 6741/47).


Das Hauptverfahren richtete sich ursprünglich gegen die Haupttäter der Massenverbrechen in den oberösterreichischen Anstalten im Rahmen der Euthanasie-"Aktion T4" und der "Aktion 14f13" [1]. Vor Gericht gestellt werden konnten (im Juli 1948) aber nur drei Pfleger, von denen zwei am 3. 7. 1948 zu 5 ½ bzw. 2 Jahren verurteilt wurden.
Bereits am 26. 11. 1947 war ein Urteil im Verfahren gegen Angehörige des Pflegepersonals ergangen: zwei Pfleger wurden wegen Beteiligung an Mord und Misshandlungen zu 3 ½ bzw. 2 ½ Jahren verurteilt, sechs notdienstverpflichtete Pflegerinnen der Anstalten Niedernhart, Ybbs/Donau und Hartheim sprach das Volksgericht frei.
Im Hauptprozess (Vg 8 Vr 2407/46) wurde gegen 61 Personen ermittelt, darunter u. a. gegen die beiden ärztlichen Leiter Rudolf Lonauer und Georg Renno, gegen den späteren Kommandanten der Vernichtungslager Sobibór und Treblinka Franz Stangl, sowie gegen den in einem der Dachauer Mauthausen-Prozesse zum Tode verurteilten Vinzenz Nohel[2]. Gegen drei Beschuldigte fand eine Hauptverhandlung statt. Zwei Angeklagte erhielten Haftstrafen von 36 bzw. 66 Monaten. Ein Angeklagter wurde freigesprochen. Bei 13 Beschuldigten wurde das Verfahren gemäß § 90 StPO (Zurücklegung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft) eingestellt, bei 22 Beschuldigten gemäß § 412 StPO wegen Nichtauffindbarkeit des Täters abgebrochen. Bei sieben Personen erfolgte aufgrund ihres Todes die Einstellung gem. § 224 StG. In 13 Fällen ist das Verfahren gegen einen Beschuldigten in ein anderes Verfahren ausgeschieden worden. Bei drei Personen ist der Ausgang des Verfahrens unbekannt.
Beschuldigte Personen nach Funktion und Geschlecht:
Ärzte: 3 Männer
Pflegepersonal: 15 Männer / 8 Frauen
Verwaltungspersonal: 9 Männer / 7 Frauen
Kraftfahrer: 4 Männer
"Heizer" / "Brenner": 6 Männer
Funktion unbekannt: 6 Männer / 3 Frauen.
Insgesamt 61 Beschuldigte (43 Männer, 18 Frauen).

Im Zuge dieses Prozesses ermittelte das Linzer Volksgericht auch wegen Verbrechen in der Heil- und Pflegeanstalt Niedernhart (heute Wagner-Jauregg-Krankenhaus) in Linz. Der vorliegende Text stellt jenes Schriftstück vor, in dem - wenige Wochen nach der Befreiung - die Rolle Niedernharts als wichtigste "Durchgangsstation" der Opfer der "Aktion T4" auf dem Weg zu ihrer Ermordung in Hartheim aufgezeigt wird. Es stellt ein Dokument "von innen" dar.
Verfasser des Schreibens ist der von der provisorischen Landesregierung eingesetzte interimistische Leiter der Heil- und Pflegeanstalt Dr. Wiesinger. Die Anmerkungen sollen, unter Heranziehung weiterer Dokumente des Gerichtsakts, zeigen, wie die Justiz mit den in dem Schreiben erhobenen Beschuldigungen umging bzw. welche weitere Informationen der Gerichtsakt über die in Wiesingers Bericht genannten Täter enthält.

Schreiben des interimistischen Leiters der Landes- Heil- und Pflegeanstalt Niedernhart an die Gesundheitsabteilung der O.Ö. Landeshauptmannschaft, Linz am 27.6.1945. Gegenstand: Entlassung von Pflegern und Durchführung von Erhebungen.[3]

"Von den zur Entlassung beantragten, beziehungsweise derzeit vom Dienst suspendierten Pflegern, Leopold Lang[4][...], Karl Harrer[5] [...], Karl Steubl[6] [...], konnte bis heute nur Lang einvernommen werden.
Er verantwortet sich folgendermaßen: Als im Juni 1940 Transporte von Geisteskranken, anfänglich von der Anstalt ins Altreich und dann aus verschiedenen Anstalten über die hiesige Anstalt nach mir unbekannten Zielen begannen[7], musste ich eine Erklärung unterschreiben, die mir unter Todesstrafe Verschwiegenheitspflicht auferlegte.
Mein Dienst bestand hauptsächlich in der Pflege der von Direktor Lonauer[8] zum Transport bestimmten, anstaltseigenen und über bestimmte Abteilungen der Anstalt geleiteten anstaltsfremden Pfleglinge, sowie im Abtransport verstorbener Pfleglinge ins Leichenhaus. Die anstaltsfremden Pfleglinge blieben anfänglich höchstens drei Tage und wurden dann in Autos verladen[9], die zuerst an mir unbekannte Ziele fuhren.
Später munkelte man, dass die Patienten nach Hartheim gebracht würden. Bevor diese Kranken verladen wurden, mussten sie mit Tintenblei, angeblich um Verwechslungen zu vermeiden, nummeriert werden.
Dies geschah nach einer beigebrachten Liste. Diese Transporte begleiteten damals schon die Pfleger Harrer und Steubl. Soweit mir bekannt ist, starben einige von fremden Anstalten überführte Kranke, die in recht schlechtem körperlichen Zustand hierher kamen. Nach diesen großen Transporten, von denen Steubl nicht mehr in die Anstalt zurückkehrte, wurde zuerst Abteilung VIII, später Abteilung V von Dir. Lonauer als eigene Abteilung bestimmt, wo, von ihm bestimmte Kranke unterzubringen waren.[10] Bei männlichen Kranken machten ich und Harrer, zeitweise auch mir fremde Pfleger aus Österreich und dem Altreich Dienst, bei weiblichen eine gewisse Gertrude Blanke[11]aus Berlin und andere mir nicht bekannte Pflegerinnen.[12] . Meine Aufgabe blieb nach wie vor die gleiche. Dir. Lonauer kam öfters und verabreichte den Kranken Injektionen, die nach ¼ h den Tod der Patienten herbeiführten. Auch Harrer und die erwähnte Blanke verabreichten Injektionen mit dem gleichen Erfolg, besonders bei Verhinderung Dr. Lonauers.
Ich musste dabei öfters assistieren, habe aber nie eine Injektion gegeben. Die Verstorbenen musste ich dann ins Leichenhaus abtragen. Anderen Kranken mussten von Dir. Lonauer bestimmte Medikamente verabfolgt werden, solch behandelte Kranke starben meist erst in einigen Tagen.
Da ich unter dieser mir aufgezwungenen Dienstleistung schwer litt, bat ich wiederholt Dir. Lonauer um Enthebung von diesem Dienst. Er schlug mir das stets ab, mit der Bemerkung: "Sie haben unterschrieben, Sie haben ihren Dienst zu verrichten! Wenn sie nicht wollen, gebe ich sie nach Hartheim!" Was das zu bedeuten hatte, wusste ich damals schon. Irgendeinen materiellen Vorteil habe ich nicht gehabt, ich bekam die 20 Mark Pflegerzulage und einmal 50 Mark als Urlaubsentschädigung. 1943 musste ich einrücken und somit endete mein Dienst.
Durch weitere Erhebungen, Einvernahmen, Erzählungen und teilweise eigener Beobachtung lässt sich über die von Dir. Lonauer betriebene "Euthanasie" und über die Beteiligung des Anstaltspersonals daran folgendes rekonstruieren.
Dir. Lonauer war von höchster Reichsstelle mit der Durchführung dieser Aufgabe betraut. Er ließ bald nach Beginn dieser Aktion von den Angehörigen der Anstalt, Dr. M., Dr. A.[13],
Oberpfleger Baumgartner[14], den Pflegern Lang, R.[15], F.[16]und den Anstaltsportieren T.[17] und R.[18] folgende Erklärung, deren Abschrift mir vorliegt, unterschreiben.

1.) Mir ist bekannt, dass ich über alle mir in Zusammenhang mit meiner dienstlichen Tätigkeit bekannt werdenden Angelegenheiten gegenüber jedermann und gegenüber jeder Stelle des Staates, wie auch der Bewegung unbedingte Verschwiegenheit zu wahren habe, und dass mich von dieser Verpflichtung niemand anderer entbinden kann, als der Reichsstatthalter und Gauleiter, bzw. der Leiter der Anstalt Dr. Lonauer.
2.) Ich weiß, dass mir diese auf das unbedingteste einzuhaltende Verpflichtung deshalb auferlegt wird, weil sich unter den zu meiner Kenntnis gelangenden Tatsachen Vorgänge befinden, welche "Geheime Reichssache", also Staatsgeheimnisse sind.
3.) Ich weiß, dass auf Verrat von "Geheimen Reichssachen" die Todesstrafe steht, und dass auch versuchter, oder nur fahrlässiger Verrat mit der Todesstrafe geahndet werden kann.
4.) Ich weiß, dass alle Angelegenheiten, die mit der Transferierung der Patienten in andere Anstalten zusammenhängen, als "Geheime Reichssache" anzusehen sind.
5.) Ich weiß, dass diese Verpflichtung auch für die gesamte Zeit nach eventueller Beendigung meines Dienstverhältnisses gilt.
Ich habe den Inhalt der vorstehenden Erklärung, nachdem er mir vorher mündlich erläutert worden ist, genauer durchgelesen und eigenhändig wie folgt unterschrieben. [...]
Sei es, dass die genannten Pflegepersonen zu wenig waren, sei es aus anderen Gründen, kamen zeitweilig Pflegepersonen aus anderen Anstalten[19]zur Dienstleistung bei der Beseitigung von Kranken in die Arbeit [sic!]. Durch die Aussagen von Pfleger Lang, Oberpfleger Baumgartner und des Pflegers G.[20], letzterer derzeit in Gschwendt bei Neuhofen, ist es so gut wie erwiesen, dass Pfleger Harrer vom hiesigen Anstaltspersonal, Gertrude Blanke aus Berlin und Pfleger Schrottmayer[21], angeblich von der Anstalt Mauer-Öhling, an der Tötung von Geisteskranken beteiligt waren. Die Rolle des Stellvertreters Dir. Lonauers, des SS-Arztes Dr. Renno[22] aus Leipzig, kann von hier aus nicht geklärt werden. Vom Pfleger Steubl ist erwiesen, dass er beim Transport von Geisteskranken aus verschiedenen Anstalten führend beteiligt war. Er hat ab Juni oder Juli 1940 keinen Dienst mehr in der Anstalt geleistet, ist schließlich zur SS eingerückt. Da er aber, so wie Pfleger Harrer und wie wahrscheinlich auch die anderen anstaltsfremden Pfleger, zur "Gemeinnützigen Transportgesellschaft G.m.b.H. Berlin", erwiesenermaßen die Zentralstelle für die Durchführung der "Euthanasie" in Großdeutschland, gehörte, ist anzunehmen, dass seine Tätigkeit sehr aufklärungsbedürftig ist, und er verdächtig ist, bei der Tötung von Geisteskranken mitgewirkt zu haben. Ein hier namentlich nicht bekannter Pfleger aus der Anstalt Ybbs a. D. dürfte hier Leichenfledderei betrieben haben. Der Referent entnimmt dies aus einer irrtümlich an ihn gerichteten persönlichen Anfrage der Kriminalpolizei Linz, ob er bestätigen könne, dass eine Unmenge Schuhe und manchmal wertvolle Gebrauchsgegenstände diesem Pfleger von der Anstalt Niedernhart geschenkt worden seien. Diese Sachen seien anlässlich einer Hausdurchsuchung bei einem Pfleger zum Vorschein gekommen, und dieser habe sich wie oben verantwortet.
Was andere Anstaltspfleger anbelangt, so haben sie bei der Tötung der Geisteskranken nicht mitgewirkt.
Folgende Anstaltsangehörige wurden zu Dienstleistungen, teils auf der Abteilung teils bei den Transporten, fallweise herangezogen: Oberpfleger Baumgartner. Dieser gibt an, dass er den Auftrag von Dir. Lonauer gehabt habe, Rohheiten bei der Verladung Geisteskranker hintanzustellen, außerdem habe er die Ausfüllung der von Dir. Lonauer im Vorhinein unterschriebenen Totenpapieren durchzuführen gehabt. Die Pfleger F.[23], K. [24], R.[25], L.[26] und F.[27] verrichteten fallweise ähnliche Dienste, wie der eingangs erwähnte Pfleger Lang (Aushilfe auf den Abteilungen, Nummerierung der zum Transport bestimmten Kranken, Abtragung der Leichen ins Leichenhaus). Es wurde auch berichtet, dass Kranke, die auf die "Todesabteilung" gebracht wurden, dort roh behandelt wurden. Dass ein Pfleger, Johann H.[28] eingewirkt hat. [...]"

Wie schwierig sich nach dem Mai 1945 die Ermittlungsarbeiten gestalteten, zeigt der Bericht eines in diesem Fall ermittelnden Beamten:[29]

"[...] Die H. [Eine Bürokraft, Anm. AutorInnen] war in Hartheim eine der überzeugtesten Mitarbeiterinnen. Ihre Tätigkeit in Hartheim stellt sie als belanglos hin. Bei der Einvernahme äußerte sie sich, über das Geschehen nichts aussagen zu wollen und lieber eingesperrt zu sein, als die Wahrheit zu sprechen. Sie wurde in Haft genommen, um sie von ihrem Vorhaben, das zugleich eine Frechheit darstellt, abzubringen. Gerade durch den Fanatismus dieser Bürokräfte war es bis zum heutigen Tage nicht möglich, alle in Hartheim beschäftigten Personen zu erfassen. Da in Hartheim jede Tätigkeit bei Androhung der Todesstrafe vom Personal geheim gehalten werden musste, ist man bei den Ermittlungen auf diejenigen Personen
angewiesen, die dort beschäftigt waren. Die Öffentlichkeit kann hierüber keine Angaben machen. Im Jahre 1943 wurden der Vergasungsraum und das Krematorium abgerissen, da von Berlin aus die Vernichtungsaktion eingestellt wurde. Wo das Krematorium war, wurde ein Kindergarten eingerichtet. Die Hauptschuldigen sind, da sie entweder tot oder flüchtig gemeldet wurden, nicht greifbar.[...] In der Irrenanstalt Niedernhart befindet sich noch eine größere Menge von Gift in Pulverform, was Dr. Lonauer seinen Opfern verabreichte. Es wurde sichergestellt und an Ort und Stelle belassen. [...]"

 

Anmerkungen:

[1]
Die Bezeichnung T4 geht auf die Adresse der dem Hauptamt II der Kanzlei des Führers unterstellten Zentraldienststelle Tiergartenstrasse 4, Berlin zurück. Der Tarnname 14f13 wurde in Anlehnung an das bestehende Aktenzeichensystem in den KZ entwickelt. 14f bedeutete den Tod des Häftlings, 14f2 "Selbstmord oder Unfall", 14f3 "auf der Flucht erschossen", 14f13 "Sonderbehandlung". Vgl. Wolfgang Neugebauer, Die Aktion T4 sowie Andreas Baumgartner, Die Kranken sind dann vergast worden. Die Ermordung von KZ-Häftlingen in Hartheim. Beide in: Wert des Lebens. Gedenken – Lernen – Begreifen. Begleitpublikation zur Ausstellung des Landes OÖ in Schloss Hartheim 2003 (hrsg. v. Institut für Gesellschafts- und Sozialpolititk an der Johannes Kepler Universität Linz, OÖ Landeskulturdirektion, OÖ Landesarchiv), Linz 2003. S. 63ff und S. 74ff.

[2]
Siehe dazu: Brigitte Kepplinger, Die Tötungsanstalt Hartheim 1940 - 1945, in: Wert des Lebens, S. 85ff.

[3]
Vg 8 Vr 2407/46, Ordnungsnummer (O.Nr.) 9, S. 269, Oberösterreichisches Landesarchiv (OÖLA), Sondergerichte Linz Sondergerichte, Schachtel 1014.

[4]
Leopold Lang, geb. am 30.10.1899. Einleitung des Verfahrens: §§ 5, 134 StG, §§1,3 KVG. Anklage, 27.4.1948: § 134 StG, §§ 3/2 KVG. Urteil, 3.7.1948: §§ 134, 137, 5 StG (Haftstrafe: 36 Monate).
Zur Person: Seit 1.6.1925 Pfleger der Anstalt Niedernhart.
"[...] Lang war Pfleger in Niedernhart auf den Abteilungen VII und VIII. Derselbe hatte weder Transporte zu begleiten noch war er in Hartheim tätig. Lang musste, so wie ich, oftmals Dr. Lonauer bei seinen Gängen durch die Zellen begleiten und ihm bei den Einspritzungen behilflich sein. Ob Lang selbst Einspritzungen gegeben und Gift verabreicht hat, ist mir nicht bekannt. Ich glaube nicht, dass dies der Fall war. [...]"
(Aussage des Karl Harrer bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 6.3.1947, Vg 8 Vr 2407/46, O.Nr. 21, S. 529.)

[5]
Karl Harrer, geb. am 14.12.1893. Einleitung des Verfahrens: §§ 134, 5 StG, §§ 1,3 KVG. Anklage, 27.4.1948: §§ 134, 136 StG, § 3/2 KVG. Urteil, 3.7.1948: §§ 134, 137, 5 StG (Haftstrafe: 66 Monate).
Zur Person: 1928: Pfleger in Niedernhart, 1938: Pfleger und Pflegevorsteherstellvertreter auf Abteilung IV, später auf XI, VII, VIII und VI. 1940 wurde er von Dir. Lonauer beauftragt, die Transporte von PatientInnen von Niedernhart nach Hartheim zu begleiten.
"[...] Meine Tätigkeit bestand darin, die Krankentransporte von Niedernhart nach Hartheim, sowie von anderen Geisteskrankenanstalten Österreichs nach Niedernhart oder nach Hartheim zu begleiten. Nach den ersten Fahrten war mir, wie schon erwähnt, bekannt, dass diese Geisteskranken dem Tode zugeführt wurden. Außer dieser meiner Transportbegleitung hatte ich in Hartheim als weitere Aufgabe die neuangekommenen Geisteskranken zusammen mit dem anderen Pflegepersonal in einem Raum auszukleiden und die Kleidungsstücke in Bündel zusammenzulegen. Ich wurde teilweise auch in der Kanzlei und im Bekleidungsmagazin zur Mitarbeit herangezogen.
Mit der Vergasung selbst der Geisteskranken und der Wegschaffung der vergasten Leichen aus dem Vergasungsraum hatte ich nichts zu tun. [...] Es trifft zu, dass teils ich, teils Lang, von Dr. Lonauer dazu ausersehen wurden, vor den Einspritzungen die Stauung des Blutes am linken Oberarm der betreffenden Patienten mittels eines Handtuches vorzunehmen; daraufhin hat dann Dr. Lonauer die Einspritzung vorgenommen. Die betreffenden Patienten sind dann verschieden. [...]"
(Aussage des Karl Harrer bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 6.3.1947, Vg 8 Vr 2407/46, O.Nr. 21, S. 530 f.)

[6]
Karl Steubl, geb. am 25.10.1910. Einleitung des Verfahrens: §§ 134, 5 StG, §§ 1, 3 KVG. Einstellung des Verfahrens vor Anklageerhebung am 25.2.1947 gem. § 224 StG (Tod des Beschuldigten).
Zur Person: Pfleger in Niedernhart, 1939-1943 Transportleiter in Hartheim und in dieser Funktion unmittelbarer Unterstellter von Dr. Lonauer. Selbstmord am 21.9.1945.

[7]
Vgl. Aussage des Leopold Lang, Pfleger in Niedernhart:
"[...] Bis zur Heuernte Ende Mai, Anfangs Juni 1940 war der Betrieb in der Anstalt Niedernhart normal. Zu dieser Zeit gingen mehrere Geisteskranke und zwar drei Transportautos mit je 30 Insassen, angeblich nach Brandenburg, in das Altreich. Ich muss hier vorstehende Angabe dahin berichtigen, dass vorerst die Abteilung VIII geräumt, das heißt, die Patienten auf andere Abteilung aufgeteilt und die Abteilung VIII mit den Idioten aus Hartheim belegt wurde. Damals ging ca. 1/3 des Gesamtbelages, meiner Schätzung nach ca. 300 bis 400 Personen mittels Transport ins Altreich. Es war dann längere Zeit Ruhe und glaublich im Sept. 1940 kam der erste Transport und zwar die Pfleglinge aus Steinhof, in Linz an. Dieser Transport [...] wurde dann mittels Auto von Linz angeblich ins Altreich weiterbefördert. [...] Von dieser Zeit an wurden die Transporte nach und von Linz regelmäßig durchgeführt. [...]"
(Vernehmung des Leopold Lang, Linz am 9.7.1945, Vg 8 Vr 6741/47, O.Nr. 10, S. 21, eingelegt in: Vg 8 Vr 2407/46.)

[8]
Dr. Rudolf Lonauer, geb. am 9.1.1907. Einleitung des Verfahrens: §§ 134, 5 StG, §§ 1, 3 KVG. Einstellung des Verfahrens vor Anklageerhebung am 25.2.1947 gem. § 224 StG.
Zur Person: 1938: Leiter der Heil- und Pflegeanstalt Niedernhart, 1940: Leiter der T4-Aktion in Hartheim, 5.5.1945: Selbstmord durch Vergiften mit der gesamten Familie.
"[...] Sein Vater gehörte früher der großdeutschen Partei Österreichs an und war auch Mitglied der NSDAP und trat auch aus der Kirche aus. [...] Dr. Lonauer verehelichte sich mit einer Grazerin namens Maria. [...] Frau Lonauer war fanatische Nationalsozialistin und soll sie auf ihren Ehemann stets eingewirkt haben, dass er den nationalsozialistischen Grundsatzen treu bleibe [sic!], obwohl er selbst auch illegaler SS-Mann war und zuletzt den Rang eines Hauptsturmführers in der SS hatte. Im Jahre 1938 wurde er Leiter der Landes-Heil und Pflegeanstalt Niedernhart und wurde ihm im Jahre 1940 die Aufgabe zuteil, dass er die Geisteskranken und Fürsorgepfleglinge, die dem Staate zur Last fallen, der Vernichtung zuführe. Aus diesem Grunde wurde im Jahre 1940 in Hartheim eine Gaskammer und ein Krematorium eingerichtet, wohin die Opfer von Teilen Österreichs und Deutschlands gebracht wurden. Dr. Lonauer als Leiter der Aktion, hatte die Aufgabe, die Opfer der Anstalt zuzuführen. Es sollen insgesamt in Hartheim 18.000 Geisteskranke vergast und verbrannt worden sein. Dr. Lonauer vergiftete aber selbst auch Leute und zwar in der Anstalt Niedernhart und in der Ausweichstelle Gschwendt bei Neuhofen a. d. Krems. Er hat durch seine Handlungsweise zahlreiche Morde begangen. Als der Bombenkrieg in Linz begann, verzog Dr. Lonauer mit seiner Familie nach Neuhofen a. d. Krems, wo er in der Nacht zum 5. Mai 1945 mit seiner Ehefrau durch Einnehmen von Gift Selbstmord verübte. Auch die beiden Kinder nahmen sie in den Tod mit. Die Leichen liegen im Friedhofe in Neuhofen a.d. Krems begraben. [...]"
(Bericht der Kriminalpolizei Linz am 25. Juli 1946, Vg 8 Vr 6741/47, O.Nr. 28, S. 65, eingelegt in: Vg 8 Vr 2407/46.)

[9]
Vgl. Aussage des Franz L, Pfleger in Niedernhart:
"Im Jahre 1940 setzten dann die Transporte ein. Es wurden von verschiedenen Pflegeanstalten Pfleglinge mittels Autos gebracht und von Niedernhart aus weggebracht. Die Autos, welche die Pfleglinge transportierten, sahen großen Autobussen gleich. Sie waren mit halb durchsichtigem Glas ausgestattet und grau gestrichen. Wir nannten sie allgemein die "Grauen Wägen".
(Beschuldigtenvernehmung Franz L. durch die Kriminalpolizeistelle Linz am 20.7.1945, Vg 8 Vr 6741/47, O.Nr. 9, S. 19, eingelegt in: Vg 8 Vr 2407/46.)

[10]
1940: Unterbringung der "Pfleglinge" in Abteilung VII (Leitung: Pfleger Lang in Vertretung des Pflegers Harrer, der die Transporte aus Niedernhart [nach Hartheim – Anm. der AutorInnen] begleitete). 2 Monate später kamen die "Pfleglinge" dann nicht mehr in Abteilung VII, sondern wurden in Abteilung VIII ("Todesabteilung") untergebracht. Nachdem Abteilung VIII aufgelassen wurde, kamen die Pfleglinge in Abteilung V. (Vgl. Zeugenvernehmung Franz L. vor der Kriminalpolizeistelle Linz am 20.7.1945, Vg 8 Vr 6741/47, O.Nr. 9, S. 19, eingelegt in: Vg 8 Vr 2407/46.)

[11]
Gertrude Blanke, gebürtig aus Berlin. Einleitung des Verfahrens: § 134 StG , §§ 1, 3 KVG. Einstellung des Verfahrens vor Anklageerhebung am 25.2.1947 gem. § 412 StPO (Unauffindbarkeit des Beschuldigten).
Zur Person: Oberpflegerin in Hartheim und in Niedernhart.

[12]
Vgl. hierzu Aussage der Maria R.:
"Ich bin in die Sache ganz schuldlos hineingeraten. Im Oktober 1940 wurde ich mit etwa 15-17 anderen Pflegerinnen in die Direktionskanzlei der Heilanstalt Ybbs an der Donau, wo ich seit 1934 Pflegerin war, gerufen. Dort waren fremde Herren anwesend, die erklärten, von einer Übergeordneten Stelle bemächtigt zu sein, von hier Pflegepersonal anzufordern. Es war auch der Direktor der Anstalt Dr. S. und die Pflegevorsteherin H. anwesend. Es wurde erklärt, dass auf die verheirateten und die, die Kinder haben, Rücksicht genommen würde. Es wurden damals außer mir die Maria W. und die Anna A. [...] ausgewählt, ferner von den Pflegern Schrottmayer und S. Wohin wir kamen, sagte man uns nicht. Wir wussten nur, dass wir mit einem Auto abgeholt würden.
Ich sträubte mich und brachte vor, dass ich in Kürze heiraten würde. Ein Hauptmann von der Polizei erklärte mir, es würde mir gut gehen, könne jede Woche heimfahren und sei zu gar nichts verpflichtet. Direktor S. erklärte, es gebe - da nur wenige Patienten in der Anstalt waren – nur die Wahl zwischen Versetzung und Entlassung. Da ich das Letztere nicht wollte, so willigte ich ein, hätte das aber nicht getan, wenn ich gewusst hätte, worum es sich handelt.
Wir wurden dann mit einem Auto über Linz nach Hartheim in die dortige Heilanstalt gebracht. Noch während der Fahrt wurde uns das Ziel verheimlicht. In der Anstalt eröffnete uns dann Direktor Lonauer, dass hier die Vergasung von Geisteskranken vor sich gehe, die aber Sache der Ärzte sei. Während wir nur mit dem äußeren Dienst zu tun hätten. Zugleich wurden wir endlich zur strengsten Verschwiegenheit verpflichtet. Für den Fall des Zuwiderhandelns wurde uns Erschießung oder KZ angedroht. Nach etwa 6 Wochen erhielt ich vom Polizeipräsidenten in Linz eine Kriegsnotverpflichtung in diese Anstalt. Die Urkunde habe ich verlegt. In seinem Bescheid war für allfällige Einwendungen ein Termin festgesetzt, der bei Aushändigung der Urkunde bereits verstrichen war.
Im Jahr 1941 stellte man fest, dass ich und das andere Personal noch nicht bei der NSDAP seien. Ich wurde dann, obwohl ich mich nie um Politik gekümmert hatte, ohne Ansuchen in die Partei aufgenommen und musste für eine gewisse Zeit die Mitgliedsbeiträge nachbezahlen. Ich war in der Anstalt vorzugsweise mit Hausarbeiten und zwar zum Kochen, Waschen, Küchenarbeiten, Hausreinigung beschäftigt und habe mein ganzes Leben nicht so viel gearbeitet, wie dort. Zeitweise war ich in Russland und im Ruhrgebiet als Pflegerin angestellt. Ich war bis 1944 in der Anstalt Hartheim. Die Vergasungen hatten aber schon im Juli 1941 [Einstellung des Verfahrens der Euthanasieaktion T4 jedoch Beginn der Aktion 14f13, Anm. der AutorInnen] aufgehört, später war dort eine Zentralverrechnungsstelle eingerichtet. In der Zeit von Oktober 1940 bis Juli 1941 war ich bei etwa 6-7 Transporten von Geisteskranken in die Anstalt aus Marburg, Klagenfurt, Graz dabei. Es wurden jeweils 80-150 Kranke in die Anstalt eingeliefert. Hie und da wurde ich zum Auskleiden der Patienten vor der Vergasung herangezogen. Es wurde dabei die Habe der Patienten aufgeschrieben und gebündelt und dann von den Ärzten an Hand der mitgebrachten Krankengeschichten die Krankheit der Patienten festgestellt. Den Vergasungsraum habe ich mir nie angesehen. Ich litt unter dem Ganzen sehr, da ich doch früher die Patienten gepflegt hatte. Im übrigen hatte ich mit der Vergasung der Patienten nichts zu tun. Damit hatten nur die Ärzte zu tun. Die Leichen wurden von Männern aus dem Altreich weggeschafft. [...]"
(Aussage der Maria R. am 27.3.1946 vor dem Bezirksgericht Ybbs, Vg 8 Vr 6741/47, O.Nr. 37, S. 141f., eingelegt in: Vg 8 Vr 2407/46.)

[13]
Zu Dr. M. und Dr. A. konnten im Akt Vg 8 Vr 2407/46 keine Angaben gefunden werden.

[14]
Johann Baumgartner, geb. am 9.1.1896. Einleitung des Verfahrens: §§ 134, 5 StG, §§ 1, 3 KVG. Einstellung des Verfahrens vor Anklageerhebung am 13.5.1948 gem. § 90 StPO (Zurücklegung der Anzeige durch die Staatsanwaltschaft).
Zur Person: 1923: Versetzung als Pfleger von Gschwendt nach Niedernhart. 1.1.1932: Oberpfleger: Aufsicht und Diensteinteilung des Pflegepersonals, sowie die Übermittlung der täglichen Standesmeldungen (Zu- und Abgänge der "Pfleglinge"). Später stand Alois Baumgartner - wiederum in Gschwendt - einer Abteilungen vor.

[15]
Josef R., geb. 18.5.1900. Einleitung des Verfahrens: §§ 134, 5 StG, §§ 1, 3 KVG. Einstellung des Verfahrens vor Anklageerhebung am 13.5.1948 gem. § 412 StPO.
Zur Person: Pfleger in Niedernhart.

[16]
Josef F., geb. am 28.7.1903. Einleitung des Verfahrens: §§ 134, 5 StG, §§ 1, 3 KVG. Einstellung des Verfahrens vor Anklageerhebung 13.5.1948 gem. § 90 StPO.
Zur Person: Pfleger in Niedernhart in den Abteilungen VI und VIII.
"[...] Glaublich im Sommer 1938 kam Dr. Lonauer in die Heil- und Pflegeanstalt Niedernhart. Gleich nach seinem Dienstantritt hielt er mit den übrigen Gefolgschaftsmitgliedern einen Appell ab, wobei er eine Ansprache hielt, 12 sich als Direktor bezeichnete und um unsere Mitarbeit ersuchte. Es dürfte im Frühjahr 1940 gewesen sein, mussten wir die Abteilung VIII räumen, die dort befindlichen Geisteskranken wurden in andere Abteilungen aufgeteilt und in die Abteilung VIII wurden die schwachsinnigen Personen aus Hartheim eingewiesen. Mit diesen Idioten kamen auch Klosterschwestern zur Betreuung mit. [...] Ich kam zu dieser Zeit in die Abteilung VI und verblieb dort bis ich eines Tages [...] in die Abteilung VIII berufen wurde, weil ein größerer Transport Geisteskranker ankam.
[...] Es war um die Zeit, wo die Idioten, welche seinerzeit von Hartheim kamen, mittels Transportes, angeblich in das Altreich verschickt wurden. Von dieser Zeit an setzte ein sehr reger Wechsel der Geisteskranken in Niedernhart ein. Es kamen größere Transporte von Wien, Ybbs, Steinhof und teils auch vom Altreich, die nach einiger Zeit wieder verschickt wurden. Soviel ich durch die Transportbegleiter erfahren konnte, sollten die Geisteskranken nach dem Altreich verschickt werden. Eines Tages saß ich im Gasthaus "Krebs" in Linz und fuhren zu dieser Zeit einige der bekannten schwarzen Transportautos vorüber. Bei dieser Gelegenheit machte ein dort anwesender Gast die Bemerkung, "Die fahren wieder nach Hartheim". Zu dieser Zeit erfuhr ich durch diesen fremden Gast, dass die Transporte nicht in das Altreich, sondern nach Hartheim gingen und angeblich dort die Geisteskranken getötet und verbrannt werden. [...] Die Transporte waren sehr verschieden. Es waren solche mit 50 bis 60 und auch solche mit ca. 300 Personen. [...] Bis zu meinem Einrücken im Mai 1941 dürften in Linz selbst keine Tötungen von geisteskranken Personen vorgenommen worden sein. In meiner Obliegenheit lag auch die Leichenkammer. Bis zu meinem Einrücken hat sich allerdings die Sterblichkeit in der Anstalt erhöht. Dies dürfte aber auf den größeren Belag infolge der vielen Transporte zurückzuführen sein. [...]"
(Aussage des Josef F. vom 9.7.1945, Vg 8 Vr 6741/47, O.Nr. 14, S. 29, Abschrift aus Vg 8 Vr 2407/46.)

[17]
Johann T. (Zeuge im Verfahren Vg 8 Vr 2497/46).
"Ich bin seit 1905 in der Landesheil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke angestellt. Bis 1911war ich als Pfleger angestellt und von diesem Zeitpunkt als Portier. Direktor dieser Anstalt war seit 1938 Dr. Lonauer. Im Laufe der Zeit ist mir bekannt geworden, dass Insassen der Anstalt eines unnatürlichen Todes gestorben sind. Da ich die Bücher über sämtliche Insassen führte, musste ich auch die Todesfälle verbuchen. Dass diese Personen eines unnatürlichen Todes starben, weiß ich nicht aus eigener Wahrnehmung.
Die Vermutung, dass die Patienten ermordet wurden, lag deshalb nahe, weil in kurzer Zeit sehr viele von ihnen verschieden sind. [...]"
(Zeugenaussage des 65-jährigen Johann T. am 29.9.1947 vor dem Landesgericht Linz, Vg 8 Vr 2407/46, O.Nr. 132, S. 1007.)

[18]
Zum Anstaltsportier R. konnten im Akt Vg 8 Vr 2407/46 keine Angaben gefunden werden.

[19]
Dabei handelte es sich in erster Linie um notdienstverpflichtete PflegerInnen aus der Heil- und Pflegeanstalt Ybbs.

[20]
Alois G. (Zeuge im Verfahren Vg 8 Vr 2497/46). 9.5.1929: Pfleger der Heil- und Pflegeanstalt Niedernhart. Pflegedienst in den Abteilungen V, VII und X. 28.8.1942: Versetzung in die Zweiganstalt Gries bei Neuhofen an der Krems. Alois G. stand in Gschwendt einer Abteilung vor.

[21]
Anton Schrottmayer, geb. am 11.3.1899. Einleitung des Verfahrens: §§ 10,11 VG , § 134 StG, §§ 1, 3 KVG. Einstellung des Verfahrens vor Anklageerhebung am 25.2.1947 gem. § 224 StG.
Zur Person: 1925-1940: Pfleger in der Anstalt Ybbs. 1940: Versetzung nach Hartheim (gemeinsam mit zitierter Maria R.), Transportbegleiter. 1942: Versetzung nach Gschwendt: Leitete in der Zweiganstalt Gschwendt bei Neuhofen an der Krems die "Frauenabteilung": 4.8.1946: Selbstmord im Gefangenhaus des BG Ybbs.
"[...] Ich habe nie gesagt, dass ich bei der Tätigkeit nicht mehr bleiben will, weil ich es nicht gewagt habe, aus Angst vor den Folgen einer solchen Weigerung. Ich bin der Meinung, dass ich bei einer solchen Weigerung ins KZ gekommen wäre. [...] Während meines Aufenthaltes in Gschwendt sind dort einige Kranke eines natürlichen Todes gestorben. Einigen Kranken gab Dr. Lonauer selbst todbringende Injektionen; es dürfte sich um 3-4 Leute gehandelt haben. Ein oder zwei, höchstens aber drei Kranken habe ich über direkten Auftrag Dr. Lonauers todbringende Injektionen verabfolgt. [...]"
(Aussage des Anton Schrottmayer vor dem Bezirksgericht Ybbs am 3.8.1946, Vg 8 Vr 3298/46, O.Nr. 3, S. 9, eingelegt in Vg 8 Vr 2407/46.).

[22]
Dr. Georg Renno, geb. am 13.1.1907. Einleitung des Verfahrens: § 134 StG, §§ 1, 3 KVG. Einstellung des Verfahrens vor Anklageerhebung am 25.2.1947 gem. § 412 StPO. Zur Person: SS-Anstaltsarzt in Niedernhart und Hartheim.
"[...] Wie die Ermittlungen ergeben haben, sind die Vergasungen nicht allein von Dr. Lonauer, sondern auch von seinem Stellvertreter Dr. Renno vorgenommen worden. Lonauer hat Selbstmord begangen und Dr. Renno ist geflüchtet. Er soll sich, wie vertraulich in Erfahrung gebracht wurde, wegen eines Augenleidens in einem Schweizer Sanatorium aufhalten. Der Aufenthalt Dr. Rennos konnte bis nun nicht ermittelt werden."
(Schreiben der Polizeidirektion Linz an das Gendarmeriepostenkommando Gmunden vom 12.10.1945, Vg 11 Vr 968/54, O.Nr. 1, S. 61, Abschrift aus Vg 11 Vr 2407/46.) Siehe auch: Peter Schwarz, Der Gerichtsakt Georg Renno als Quelle für das Projekt Hartheim, in: Jahrbuch 1999 (hrsg. v. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes), S. 80-92. (Zur Publikation auf dieser WebSite)

[23]
Siehe FN.16.

[24]
Leopold K., geb. am 13.8.1892. Einleitung des Verfahrens: §§ 134, 5 StG, §§ 1, 3 KVG. Einstellung des Verfahrens vor Anklageerhebung am 13.5.1948 gem. § 90 StPO.
Zur Person: Pfleger in Niedernhart, Hartheim.

[25]
Siehe FN. 15

[26]
Franz L., geb. am 16.4.1908. Einleitung des Verfahrens: §§ 134,5 StG, §§ 1, 3 KVG. Einstellung des Verfahrens vor Anklageerhebung am 13.5.1948 gem. § 90 StPO.
Zur Person: 1927: Pfleger in Abteilung X der Heil- und Pflegeanstalt Niedernhart, 1940 wurde er in die Abteilung V versetzt.
"Seit Juli 1927 mache ich in der Landes-Heil u. Pflegeanstalt Niedernhart als Pfleger Dienst. Ich war vorerst auf der Abteilung X tätig und wurde dann 1940 oder 1941 auf die Abteilung V verlegt. Zu dieser Zeit wurde in dieser Abteilung der Betrieb normal weitergeführt und ist mir nicht bekannt, dass zu dieser Zeit Pfleglinge dieser Abteilung beseitigt worden wären. Erst im Jahre 1943, als dann die sog. Todesabteilung auf Abteilung V verlegt wurde, hat sich der Betrieb anders gestaltet. Erst im Jahre 1943 wurde in der Anstalt herumgemunkelt, dass in der Anstalt selbst Pfleglinge beseitigt werden. Vorher wurden ja die Pfleglinge weggebracht und kann ich nicht sagen, was mit diesen geschehen ist. Es ist wohl gesprochen worden, dass abtransportierte Pfleglinge gestorben sind. Dies habe ich übrigens öfters von Angehörigen der Toten erfahren. [...] Im Jahre 1943 wurde ich dann von Abteilung V wieder auf Abteilung VIII verlegt und die Partie Lang hat die Abteilung V übernommen. Ich habe erfahren, dass es in dieser Abteilung von dieser Zeit an nicht mehr genauer [sic!] sei. Mit diesen Worten wurde allgemein zum Ausdruck gebracht, dass dort Leute kurzer Hand sterben.[...]"
(Vernehmung Franz L. am 20.7.1945 durch die Kriminalpolizeistelle Linz, Vg 11 Vr 968/54, O.Nr. 1, S. 69, Abschrift aus Vg 11 Vr 2407/46.)

[27]
Ludwig F., geb. am 26.7.1896. Einleitung des Verfahrens: §§ 134, 5 StG, §§ 1, 3 KVG. Einstellung des Verfahrens vor Anklageerhebung am 13.5.1948 gem. § 90 StPO.
Zur Person: Pfleger in Niedernhart, Hartheim.

[28]
Johann H., geb. am 1.4.1893. Einleitung des Verfahrens: §§ 134, 5 StG, §§ 1, 3 KVG. Einstellung des Verfahrens vor Anklageerhebung am 13.5.1948 gem. § 90 StPO. Zur Person: 1922: Krankenpfleger in Niedernhart, 1938-1945: Krankenpfleger auf Abteilung VII in Niedernhart, Hausschlosser in Niedernhart.

[29]
Schlussbericht Polizeidirektion, Staatspolizei, vom 29.7.1946, Vg 8 Vr 6741/47, O.Nr. 29, S. 67, eingelegt in: Vg 8 Vr 2407/46.



Erstveröffentlichung in: JUSTIZ UND ERINNERUNG
Nr. 8 (Oktober 2003).

 





Die AutorInnen waren zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels SachbearbeiterInnen des vom Verein zur Förderung justizgeschichtlicher Forschungen durchgeführten Projekts "EDV-gestützte Erschließung der Akten des Volksgerichts Linz" am Oberösterreichischen Landesarchiv